Kinotaugliche Vorstellung

141019 3zu1 RubenVertreter des schmierigsten Kitschkinos aus Hollywood hätten das Drehbuch zum heutigen Bezirksligaderby zwischen dem Bovender SV und Sparta Göttingen kaum besser schreiben können. Tragik, Kampf und Happy End - diese bewährten Zutaten eines Blockbusters bekamen auch die fußballbegeisterten Zuschauer am Südring serviert, obwohl lange Zeit nichts auf ein memorierenswertes Spiel hindeutete.



Enrico Weiß kehrte mit seiner alten Liebe vom Greitweg nach Bovenden zurück und rief im Vorfeld der Partie allerlei Taktikfüchse auf den Plan. Noch am Freitagabend überlegten wir uns, unterstützt durch Pizza, Mineralwasser und dem einen oder anderen alkoholhaltigen Getränk, eine Strategie, die Kreise des umtriebigen Routiniers einzuengen. Des Rätsels Lösung: "Lasst ihn nicht an den Ball kommen!" Wenn es nur so einfach wäre, denn auch die zweite Variable der ominösen Gewinner-Gleichung entpuppte sich als falsche Null: vom Vorhaben, den Gegner früh unter Druck zu setzen und den Spielaufbau durch die Mitte zu unterbinden, fehlte anfangs jede Spur. So neutralisierten sich beide Teams auf einem schwachen Niveau. Nichts zu spüren von mentaler Spannung, die wir zwei Tage zuvor beim festlich zelebrierten "Einstand der Neuen" aufgebaut hatten. Da performte Flügelkämpfer Timo Hichert mit dem Reinigungsbesen Ballett, verlor Luca Gleitze gegen Aco Pelesic knapp den Wettstreit im Kopfballjonglieren (4 zu 6) und schaffte es Tausendsassa Hamudi Souleiman, auf quasi zwei Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen (Clubraum und Shisha-Bar).

Auf dem grünen Rasen war derlei positiver Aktionismus nicht zu vernehmen. Dummerweise hatte sich auch die tiefstehende Sonne gegen uns verschworen, als ein Flugball plötzlich eine merkwürdig unrunde Kurve nahm und hinter Dennis Koch einschlug. Das 1:0 für Sparta fiel überraschend, allerdings hatte auch der BSV in der ersten Hälfte keine einzige Torchance anzubieten. Doch wie meinte einst schon "König" Otto Rehhagel": Wer es in Bochum von Strafraum zu Strafraum schafft und sich nicht den Knöchel bricht, dem gebe ich einen aus." Was damals als Warnung vor allzuharter Bochumer Todesgrätschen zu verstehen war, münzten wir nach dem Seitenwechsel in unser Tagesmotto um: Fortan wurden die Zweikämpfe angenommen, man war häufig schneller am Ball als der Gegner und im Zweifelsfall wurde auch mal unglücklich und unbeabsichtigt Foul gespielt. Erkan Coskun, stärkster Spieler auf dem Platz, versetzte uns einen weiteren Schub, als er eine Flanke erlief, die Verwirrung der Sparta-Defensive nutzte und zum 1:1 traf.

Nun war es ein offener Schlagabtausch, nur ohne Schläge. Stattdessen antizipierte Dominic Langer einen Stolperer des gegnerischen Innenverteidigers blitzschnell und vollendete im Stile eines Torjägers zur Führung. Da jubelten selbst einige kritische Zuschauer, die zur Pause beim Gang auf hygienisch einwandfrei gereinigte Pissoirs noch den Abgesang auf die Bovender Fußballwelt anstimmten, wobei "Gesang" als Bezeichnung für brummelige Missmutsbekundungen à la "Uns hätte der Trainer nach so'nem Spiel früher die Berge hoch geschickt..." noch geschmeichelt ist.

In der Neuzeit stehen dagegen keine angedrohten Berge, sondern pädagogisch wertvolle Kritik ("Junge, mach endlich mal was!") auf dem Erziehungsplan, so dass sich Ruben Benseler, im letzten Spiel vor seiner berufsbedingten Auszeit bis Ende April, ein großes Herz fasste und nach einem gefühlt 40 Meter langen Sprint zur 3:1-Entscheidung einnetzte. Es war ihm zu gönnen, schließlich stand der Aggresive-Leader bisweilen in der Kritik und bekam als Stürmer in vielen Spielen der Saison kaum brauchbare Zuspiele.

"Happy End" hieß es somit nach sportlich durchwachsenen, kämpferisch ab der zweiten Hälfte jedoch vorbildlichen Minuten, in denen das ganze Team den Kopf aus der Schlinge zog und letztlich verdient die 3 Punkte einfuhr - obgleich ein Anhänger der Gäste nach dem 1:2 in Richtung BSV den Ausspruch "Und gegen so eine Gurkentruppe verlieren wir..." tätigte. Der verletzte Gerbi Kaplan konterte: "Und ihr spielt ja soooo gut...", woraufhin Sparta-Fan bemerkte, Gerbi solle sich "mal die Tabelle angucken". Doch der BSV gab an diesem Nachmittage nicht klein bei. Gerbi: "Dann guck du dir das Spiel an, guck mal wie es steht." Nun ist aber genug geguckt! Wobei, einmal dürfen wir gerne noch auf die Tabelle gucken: die Abstiegsränge sind verlassen, nächste Woche soll gegen Bad Gandersheim ein weiterer Schritt folgen. Denn das Drehbuch "Klassenerhalt" ist noch nicht geschlossen.