Wenn einer unserer Top-Spieler nach dem Abpfiff halbnackt beim örtlichen REWE Markt einkaufen geht, dann muss dem selbstbewusst praktizierten Nudismus ein außergewöhnliches Ereignis zugrunde liegen. Und auch wenn man den lang ersehnten Bezirksligaaufstieg des allseits geschätzten Bovender SV standesgemäßer hätte feiern können – die spontanen Zelebrierungen sind doch immer noch die Schönsten.
Dabei deutete vor einigen Wochen noch nichts auf spätabendliches Nacktmodeln im Kaufhaus hin. Nach der verdienten Niederlage gegen die SG Bergdörfer hatten wir den Aufstieg prinzipiell abgeschrieben, aber aus dem Frust, erneut als Tabellenzweiter kurz vor dem Ziel zu scheitern, erwuchs eine nachhaltige „Jetzt erst recht"-Stimmung. Spielten wir zuvor noch recht verkrampften und teilweise egoistischen Fußball, wuchs fortan ein echtes Team zusammen, dass gemeinsam gewann, gemeinsam verlor.... äääh, eigentlich ausschließlich gemeinsam gewann. Denn Niederlagen gab es seitdem nicht mehr, lediglich drei hart umkämpfte Unentschieden bei Lindenberg-Adelebsen, gegen Hagenberg und auf dem Hainberg trübten den rundum positiven Trend um Nuancen.
Und – man mag es kaum glauben – war uns endlich mal das Glück des Tüchtigen hold. So sparsam diese zitierte Kalenderweisheit auch ist, so treffend passte sie zum Umstand, dass der SC Göttingen 05 seinem alten Lieblingstrainer Jelle Brinkwerth den Gefallen tat, sich mit einer Siegesserie den drittletzten Tabellenplatz zu sichern und damit den wahren Schwarz-Gelben Helden, dem BSV, zum 152-jährigen Jubiläum das Ticket zum Aufstiegsendspiel zu schenken. Besten Dank, Freunde!
Zum 153-jährigen Jubiläum wird in Bovenden somit wieder Bezirksligafußball geboten. Dies schien bereits vor Anpfiff in Stein gemeißelt zu sein, schließlich war es der komplett bekleidete Timo Hichert, der in einer herzergreifenden Botschaft an seine Mitspieler das BSV-Herz zum Schmelzen brachte:
„Guten Morgen Jungs!
Heute ist es endlich soweit. Nach einer langen Saison mit Höhen und Tiefen haben wir endlich unsere Finalwoche erreicht. Und wir haben sie uns verdient, auch wenn wir mal nicht überragend gespielt haben, auch wenn mal nicht alles glatt lief zwischen uns. Ihr wisst selbst, dass die nächsten Jahre für den BSV, vor allem finanziell, nicht die rosigsten werden. Umso wichtiger ist, dass wir diesen Verein heute dahin schießen, wo er hingehört: In die Bezirksliga!
Dieser Verein war für jeden von uns auf unterschiedlichste Art und Weise da. Jetzt können wir alles zurückzahlen. Egal wie lange jeder Einzelne schon hier spielt. Heute müssen wir unsere Egoismen unter den Erfolg der Mannschaft stellen und gewinnen. Noch einmal 90 Minuten kämpfen und eine akzeptable Saison wird zu einer grandiosen Saison. Wer es nicht für den Verein tut, soll es für die Mannschaft tun oder mindestens für sich selbst. Wir haben so ein heterogenes Team wie lange nicht mehr. Alte erfahrene Spieler, die schon in jeder Liga gespielt haben zusammen mit jungen, wilden, erfolgshungrigen Spielern, die teilweise ihren allerersten Aufstieg feiern könnten! Lasst uns diese Saison vergolden! Und dann gibt es kein Halten mehr! Für den BSV, für uns. Auf uns: WIR SIND EIN TEAM!"
Wer beim Lesen dieser Zeilen nicht eine XXL-Packung Tempotücher vollheult, der „ist kein Mensch mehr", wie es Enrico Weiß' Sohn Romano immer auf den Punkt treffend auszudrücken weiß.
Zum Glück waren pünktlich zur Abfahrt nach Seeburg, zum Kampf für und gegen die Freiheit, die Tränen getrocknet und eine konzentrierte Atmosphäre sichergestellt. Lediglich der opulente Soundblaster in der Kabine, programmiert von Franky D. (J), verursachte bei den einen oder anderen Besitzern voller auditiver Wahrnehmungsfähigkeit latente Kopfschmerzen. Umso schneller zogen wir uns um und begannen das „Spiel des Jahres" in folgender Aufstellung:
- Mit der Nummer 1, der Mann mit den gedopten Handschuhen, fünf Armen und Seelenruhe, Dennis Koch!
- Mit der Nummer 2, der allseits geschätzte Anweiser und Meister des langen Balles, Marijan Petkovic!
- Mit der Nummer 3, unser David Luiz (nur in besser) und zuständig für aufgepumpte Bälle, Luca Gleitze!
- Mit der Nummer 5, der absolute Spezial-Allrounder und Motivator („Gewinn endlich mal einen Zweikampf, Timo!"), Mathis Gleitze
- Mit der Nummer 7, das wertvollste Knie Göttingens, unser Kapitän und Leader, Gerbi Kaplan!
- Mit der Nummer 8, unser Geldeintreiber, Vorbildkämpfer und Mann für die Feuersalben-Infusionen, Cemil Onal!
- Mit der Nummer 11, Dauerbrenner, Mister 100% und Experte für verwirrende Laufwege, Timo Hichert!
- Mit der Nummer 14, unser Last-Minute-Königstransfer, die läuferische und verbale Pferdelunge, Yannick Schade!
- Mit der Nummer 15, er gewinnt jedes Kopfballduell und jeden Kampf um die Torjägerkanone, ist immer einer Meinung mit Vollbrecht – Enrico Weiß!!!
- Mit der Nummer 17, der Mann mit den zwei Vornamen, der nötigen Aggressivität im Training, überragenden Technik und dem Ticket für spontane Dienstflüge nach England, Ruben xxxxxxxxx Benseler!
- Mit der Nummer 23, er bringt alles und jeden um den Verstand und hat immer einen Ball am Fuß, unser Übersteigergott Frank Dietrich
Auf der Ersatzbank nahm Platz:
- Mit der Nummer 5, der weiße Brasilianer, Last-Minute Joker und Trainingsweltmeister Dani El Eid!
- Mit der Nummer 13, der Chefstratege im Verhandeln der Aufstiegsprämie und Inhaber eines waffenscheinpflichtigen Hinterteils, Gute-Laune-Strafraumstürmer Albert Saciri!
- Mit der Nummer 16, die große Nachwuchshoffnung, ausgebildet in Australien und nun zurück im Fußballentwicklungsland Deutschland, Edeltechniker Moritz Gieße!
- Mit der Nummer 12, der Mann für die wichtigen Tore, dem Grätschverbot und den peinlichsten Texten in Niedersachsen, Daniel Vollbrecht!
Zum Spiel an sich brauchen wir nicht viele Worte verlieren. Die Gegner des 1. SC Freiheit hatten zwar mit meinem geschätzten Arbeitskollegen Arne Warmuth einen souveränen Libero aufgeboten, doch dem engagierten, aber gleichwohl nicht kopflosen Angriffsfußball unsererseits hatte aber auch er nicht viel entgegen zu setzen. Zudem hatte sich der etatmäßige Torwart der Harzer die Freiheit genommen, mit roter Karte das Aufstiegsfinale zu verpassen, so dass der Stürmer der 2. Herren das Gehäuse hüten musste. So stand es schnell 4:0 und auch nach der Pause konnten wir das Geschehen bis auf wenige Ausnahmen kontrollieren.
Interessanter gestaltete sich da schon das Treiben an der Seitenlinie. Spielermutter Heide Hichert hatte ihre prall gefüllte Brötchenbox dabei, Wolfgang Hungerland spendierte schöne Aufstiegs-T-Shirts und Spielervater Reinhard Hichert hielt die Feierlichkeiten nach Abpfiff mit einer professionell anmutenden Videokamera fest. „Humba-Humba-Täteräää" – der Aufstieg war um 20.50 Uhr perfekt, die Bierkorken knallten und sowohl Trainer Jelle, als auch Abteilungsleiter Wolle bekamen eine kostenlose Dusche verabreicht.
Die Rückfahrt glich den spanischen Meisterschafts-Paraden von Real Madrid, nur dass wir zum Glück keinen Sergio Ramos haben, der alle möglichen Pokale fallen lässt. „Fallen" gelassen wurde aber eine Hose, ohne die ein nicht näher genannter Spieler wie eingangs erwähnt den REWE-Markt in Unruhe versetzte. Doch statt eines Hausverbots werden in den nächsten Tagen Autogrammwünsche eintrudeln, versehen mit Angeboten für kostenlosen Lebensmittel-Lieferservice, dass wir den Laden nie mehr betreten brauchen.
Wir bedanken uns bei allen Unterstützern, Förderern, Fans, Spielern und REWE-Mitarbeitern für den schönen Abend und die grandiose Saison. Und wenn dieser Artikel mindestens 100 „Likes" bekommt, gibt es den unteren Teil des Titelbildes zu sehen.
Siehe auch Bericht Göttinger Tageblatt vom 26.6.2014 http://www.goettinger-tageblatt.de/Nachrichten/Sport/Themen/Fussball-vor-Ort/Fussball-Bezirksliga-Bovender-SV-gewinnt-Relegationsspiel-mit-10-1
Wir sehen und lesen uns am Sonntag – Pokalfinale gegen Gr. Ellershausen um 15 Uhr auf dem Platz am Greitweg!