Gerbi Kaplanolo, Dani_El_Eid, Alberto Saciri, Ronninho Kürzinger und Willinho Dellemann – diese Liste an Weltklassefußballern klingt wie die Teilnehmerliste eines brasilianischen Samba-Tanzkurses, doch war in Wahrheit unsere stark besetzte Bank beim Spitzenspiel auf dem gefürchteten Adelebser Berg gegen das heimische FC Lindenberg-Adelebsen. Coach Jelle Brinkwerth wollte die zuletzt erfolgreiche, mannschaftlich geschlossen agierende Startelf nicht verändern, so dass sich eine geballte Offensivpower als Drohkulisse neben der Seitenlinie warm lief. Besonders erfreulich dabei die Rückkehr des kreuzbandverletzten Kaplan, der in der entscheidenden Saisonphase noch einmal die Schuhe für den Verein seines Herzens schnüren wollte.
Der Start in die turbulente Begegnung verlief wenig verheißungsvoll. Ein langer Pass senkte sich hinter unsere Viererkette und Oliver Waas markierte das erste seiner drei Tore. Vorbei war es mit der südamerikanischen Aura, die vom Spielfeldrand das ganze Stadion ergriffen hatte – fortan wurde auf beiden Seiten Fußball primär gearbeitet, was angesichts der „suboptimalen“ (Ausdruck im Wortschatz des Sportberichterstatters established by Wolff Fuss) Platzverhältnisse die richtige Entscheidung schien. Wir hatten nach dem frühen Rückstand relativ viel Ballbesitz und schafften es auch zuverlässig, über die Außenpositionen Chancen zu kreieren, doch der „letzte Zug zum Tor“ fuhr ohne unsere schwarz-gelben Farben ab. Und nachdem in diesem Absatz bereits die Hälfte der Punktprämie für Phrasendrescherei draufgegangen ist, muss der Ausgleichstreffer von „Petko“ Petkovic ohne blumige Umschreibungen geschildert werden: Ecke, Kopfball, nochmal Kopfball, Tor. Unser Innenverteidiger, der ansonsten als Dirigent der Mittelfeldreihe fungiert und dessen Lieblingsworte „halb“, „links“ und „GehDochEndlich“ im Zusammenhang mit dem taktisch freigeistigen 6er Duo Gleitze M./Vollbrecht sind, hatte - abseits seines Ausfluges zum 1:1 – am heutigen Nachmittag genug mit der starken Angriffsreihe Waas/Kues/Nolte zu tun, die nach langen Bällen stets gefährlich waren und oft nur mit vereinten kämpferischen Kräften (Gleitze L., Hichert, T., Onal, Cemil Cano Chemo) ausgebremst werden konnten.
Auf der Habenseite konnten wir jedoch ein paar schöne Spielzüge verbuchen, allerdings erst nach dem obligatorischen Rückstand kurz nach Wiederanpfiff, als Waas drei BSV-Akteure stehen ließ und platziert ins Eck traf. Mist, dabei hatten wir taktisch ursprünglich ausgetüftelt, keine Gegentore zuzulassen! Und nun sowas! Aber der BSV hat nicht umsonst einen Löwen als Wappentier, denn das Fleckenduell schenkten wir in der Folgezeit selbstverständlich nicht kampflos ab. Selbst ein kleiner Wirbelsturm, der zwischenzeitlich auf dem Spielfeld zirkulierte, war nur ein laues Lüftchen gegen jenen Tornado, den wir beim Anrennen auf das gegnerische Tor entfachten. Ok, das mag „leicht“ übertrieben klingen, doch nach unserer verpassten Chance, den Anschluss an die SG Bergdörfer zu halten, dient bereits dieser Spielebericht als motivationaler Katalysator für die kommenden schweren Aufgaben. Kopfballungeheuer Enrico Weiß (abermals mit 110% Quote) war es schließlich, der das 2:2 von Ruben Benseler einleitete und kurz darauf die Riesenchance zum 3:2 hatte, im reaktionsschnellen Torwart Fiege* jedoch seinen Meister fand.
Dummerweise fingen wir uns in der stärksten Phase erneut ein Tor ein. Langer Ball, Waas frei, Tor Nummer Drei. Der schöne Reim soll nicht darüber hinweg täuschen, dass damit erneut aller Eifer für die Katz war und wir zum dritten Mal Durchhalteparolen der Marke „Kopf hoch“, „Geht weiter“, „Jetzt erst recht“ in Richtung eigener Mitspieler brüllen durften. Als der Autor nach knapp 75 Minuten gegen Dani „Ich mache nur wichtige Tore“ El Eid ausgetauscht wurde, tummelten sich 4 gelernte Stürmer auf dem Platz, teilweise alle im gegnerischen Sechzehnmeterraum. Eine Flanke nach der anderen segelte in die Gefahrenzone, aber Lindenberg-A. stellt nicht ohne Grund die drittbeste Abwehr der Liga. Immerhin langte es noch zum 3:3, abermals durch Benseler, der damit seine kleine torlose Durststrecke beendete, was Kumpel Marko Siric nach Schlusspfiff breit grinsend kommentierte: „Der Ruben...da sieht man ihn nicht und auf einmal macht er zwei Dinger...“. In diesem Punkt muss dem Kicker-Managerspiel-Experten Marko widersprochen werden, denn Ruben war sehr wohl zu sehen. Laut Timo Hichert gewann er sogar Kopfballduelle, eine Disziplin, die bis dato als eine von Rubinhos wenigen Schwächen galt.
Die Geschichte der Schlussphase ist schnell erzählt: Zwei brenzlige Konter der Gastgeber, eine weitere gute Torchance für Bovenden und Abpfiff des sicheren, weil freundlich-bestimmend kommunizierenden Schiedsrichters. Bereits in der Kabinenansprache zur Halbzeitpause merkte Brinkwerth an, er sei „stolz, diese Mannschaft trainieren zu dürfen“. Und ja, er meinte damit nicht den FC Grone, sondern uns. Diese Meinung hat sich vermutlich nach Spielende nicht grundlegend geändert – warum auch? Wir haben alles gegeben, uns als intaktes Team präsentiert und haben gegen einen starken Gegner einen Punkt geholt. Also: „Kopf hoch“, „Geht weiter“ und „Jetzt erst recht!“
* Anmerkung zum Nachnamen „Fiege“: Auch das offizielle Stadionbier des VfL Bochum hört auf den Namen Fiege, was die schöne Überleitung ermöglicht, dass sich der ruhmreiche VfL trotz seines „Sport1-Fan-Talk –Trainers“ am 33. Spieltag der 2. Liga den Klassenerhalt sichern konnte; einer 0:2 Niederlage bei 1860 München sei Dank. Ein runder Abschluss des Spitzenspiel-Sonntags.