Nach dem angekündigten Abschied von Trainer Jelle Brinkwerth zum Saisonende, hatten wir am Doppelspieltag über Ostern die Aufgabe, mit vereinten Kräften das sportliche Ringen um die Tabellenspitze der Kreisliga wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken. Da wir immer „von Spiel zu Spiel denken“, wie es quasi jede Mannschaft mit Phrasenschwein als Kabinen-Haustier tut, hatten wir die Erinnerung an den 5:1-Ostersamstagssieg gegen Seeburg bereits verdrängt und konzentrierten uns auf die schwere Auswärtsaufgabe beim FC Mingerode.
Bei den kampfstarken Eichsfeldern hatten wir in der Vergangenheit meistens schlecht ausgesehen. Mit Grauen denken ältere BSV-Fans an die 2:6-Pleite vor zwei Jahren zurück, als wir mit absoluter Rumpfmannschaft über das hohe Gras stolperten und wie eine Pfadfindernachwuchsgruppe ohne Kompass ins Verderben rannten. Auch in der letzten Saison geriet die Fahrt nach Mingerode fast zu einem Desaster. In einer aufgeheizten Stimmung trennte sich Erol Saciri nach Abpfiff von seinem eng geschneiderten Trikot, präsentierte den heimischen Zuschauern sein Muskel-Shirt (mit Muskeln inside) und wirkte dabei nicht gerade wie die fleischgewordene Reinkarnation von Kofi Annan.
Diese Vorgeschichte paukten wir uns kurz vor Anpfiff noch einmal in die Köpfe, doch die ursprünglich erwartete mentale Aufgewecktheit zeigten anfangs nur die Mingeröder. Nach einer Verkettung von defensiven Abstimmungsschwierigkeiten stand ein gegnerischer Angreifer frei vor Dennis Koch, traf zum 1:0 und provozierte ein erstes ausgewogenes Zwischenfazit bei unserer Nummer Eins: „Man, was für Amateure!“ Damit meinte Dennis gewiss seine Mitspieler in gelb-schwarz, was inhaltlich eine durchaus korrekte Zuordnung war. Denn „Amateure“ sind wir zweifellos, obwohl wir in einigen Ressorts (Kommunikation auf dem Platz, Moral in der dritten Halbzeit und Kunstrasenbesitz) bereits Profistatus haben. Zumindest die Einstellung zum Spiel verbesserte sich nach dem frühen Schock, die zahlreich mitgereisten Fans – handgezählte 21 – bekamen einige sehenswerte Spielzüge zu sehen, denen der krönende Abschluss jedoch versagt blieb. Nach einem Sololauf von Franky D. fingen wir keinen Konter, sondern konnten uns stattdessen über einen Strafstoß zu unseren Gunsten freuen. Denkste! Der fällige Elfmeter blieb uns verwehrt, was die zahlreich mitgereisten Fans – handgezählte 326 – zu wütenden Protesten veranlasste, in deren Kontext auch beleidigende Bemerkungen gegenüber dem Schiedsrichter fielen. Dies war nicht in Ordnung und ließ unser Saisonziel, den Fairplaypreis als sympathischste, korrekteste und best angezogenste Mannschaft zu gewinnen, in weite Ferne rücken.
Als sich die Emotionen beruhigt hatten, fasste sich Rechtsverteidiger Timo Hichert ein Herz, dribbelte an der Torauslinie gleich drei Verteidiger aus, legte auf den mitgelaufenen Mathis Gleitze zurück, der lässig zum 1:1 abschloss, ein zur Halbzeitpause gerechtes Ergebnis. Nach dem Seitenwechsel war es erneut der überragende Hichert, der um die 60. Minute herum bedrohlich den Oberkörper nach vorne legte, was bei ihm immer ein unmissverständliches Zeichen für einen in Kürze startenden Sololauf ist. Gesagt, getan! Kein Gegenspieler konnte „The Machine“ aufhalten, die Ablage verwandelte Enrico Weiß im Stile eines Torjägers. Weitere Chancen blieben jedoch ungenutzt, so dass wir bis zum Schlusspfiff zittern mussten. Erschwerend kam die verletzungsbedingte Auswechslung von M. Gleitze hinzu, der sich mit Verdacht auf temporäre Überreizung der rechtsseitigen Gesäßmuskulatur ab der 65. Minute auf der sonnigen Zuschauerbank verlustierte. Frank Dietrich, seines Zeichens Liebhaber der Linksverteidigerposition („Jelle, für mich gibt es nur Außenverteidiger oder gar nichts.“) wurde neben Vollbrecht auf die „6“ beordert und avancierte dort zum wahren Kopfballmonster, was die unorthodoxe Klärung der langen Flankenbälle des Gegners betraf. Nicht zuletzt dank der wiedergewonnenen Kampf- und Zweikampfstärke, in diesem Metier muss an dieser Stelle mal Cemil Onal hervor gehoben werden, retteten wir den knappen, aber verdienten 2:1 Sieg über die Runden. Gute Besserungswünsche gehen an den Mingeröder Spieler Tommy Gastel, der nach seiner Einwechslung bärenstark ackerte und grätschte, nach einer besonders waghalsigen Aktion jedoch mit Verdacht auf schwere Knieverletzung vom Platz getragen werden musste.
Turbulente Tage beim BSV – doch mit 6 Punkten über Ostern lässt es sich wieder ruhiger arbeiten.