Was für ein Teppich!

Nahezu jeder Besucher gerät aktuell bei der gefühlvollen Kontaktaufnahme mit dem neuen Bovender Kunstrasenplatz ins Schwärmen. Als A-Jugendtrainer kann ich mich vor Testspielanfragen kaum retten und konnte den Eltern schon mitteilen, dass sie in den Vorbereitungsmonaten zu keinem Auswärtsspiel werden fahren müssen. Angesichts der wahren Rasenpracht waren die meisten Zuschauer, die der gestrigen Begegnung zwischen den Herrenteams des BSV (Kreisliga) und Eintracht Northeim (Landesliga) beiwohnten, beim veranschlagten Eintrittspreis von 2,50€ auch keinesfalls verstimmt, sondern akzeptierten die Begründung, dass der Verein für hohe Baukosten und Platzpflege eine kleine Kompensation zu erwarten habe.

Vor Beginn des interessanten Testspiels gab es ein Wiedersehen mit Northeims Trainer Wolfgang Schmidt, dessen Sohn Gordon vor knapp 20 Jahren als C-Jugendlicher von den Ur-Bovendern Möller und Vollbrecht zum Training mitgeschleift wurde und der sich in der Folgezeit zum vielversprechenden Torwarttalent entwickelte. Wolfgang, damals Trainer des SC Göttingen 05 (u.a. beim Pokalspiel gegen Schalke auf der Bank), war regelmäßiger Gast bei den Spielen seins Sohnes und hatte auch für den einen oder anderen glücklosen Stürmer immer den einen oder anderen Tipp parat.

Doch nicht nur der Trainer wurde als bekanntes Gesicht der Göttinger Fußballszene identifiziert. Zu unserem Unglück standen im Kader des Landesliga-Tabellenführers etliche hochkarätige Akteure, die insbesondere im Mittelfeld vielen Bovendern bereits in den jüngsten Bezirksligajahren begegneten. So lautete dann auch die verständliche Marschroute des hoch motivierten Trainers Jelle Brinkwerth, zunächst die eigene Hälfte durch geschicktes Verschieben zuzustellen und dem stark besetzten Gegner keine Freiräume zu ermöglichen. Gesagt, getan. In den ersten 30 Minuten hatten wir die Northeimer gut im Griff, setzten unsererseits Akzente nach vorne und verzeichneten nach 15 Minuten das erste Erfolgserlebnis: René Hähnel wurde im Northeimer Liveticker gelobt! „Baumlang und gefährlich“ sei unser BSV-Eigengewächs, kolportierten die emsigen Tickerer vom Spielfeldrand. Juhu, 1:0 für Bovenden! Leider nur in der Imagination, denn mit zunehmender Spieldauer kam der Favorit häufiger zum Torabschluss, scheiterte dabei aber stets am routinierten Kapitän und Abschlussfahrts-Organisator Dennis Koch, dessen Bestreben, eine kostengünstige Fahrt nach Mallorca zu organisieren, alleine schon einen Preis verdient. Seine Leidenschaft wird aktuell nur übertroffen vom mafiösen Vokabular, mit dem Kassenwart und verletzter Mittelfeldspieler Cemil Onal die säumigen Zahler abmahnt: „GELD HER, SONST KOMMT MEINE VERWANDTSCHAFT VORBEI!“ Trotz klemmender Shift-Taste stehen bei Dani El Eid beispielsweise 6 Kisten auf dem Zettel...

Aber zurück zum Wesentlichen: Nach dem Seitenwechsel verstärkte Northeim den Druck, Entlastung unsererseits blieben Ausnahmen, wenngleich so mancher weiter Abschlag von Dennis Koch für Verwirrung in der kopfballstarken Eintracht-Abwehr sorgte. Aber allem Kampfgeist zum Trotz kassierten wir nach einem Stellungsfehler das 0:1, dem bei nachlassender Konzentration das 0:2 sowie ein 0:3 aus Abseitsposition folgte (nicht ganz klar zu identifizieren, aber da dieser Text von einem BSV-Spieler stammt, war es mindestens 3 Meter Abseits!).

So blieb am Ende die Erkenntnis, gegen einen sehr ausgeglichen besetzten Gegner größtenteils gut mitgehalten und taktische Fortschritte erzielt zu haben. Northeim hat sicher sehr gute Spieler und einen Ex-Bovender als Trainer. Doch eines haben sie nicht: einen „Teppich“, der frappierende Ähnlichkeit zum „echten“ Rasen hat und bestimmt bald auch Moospflanzen produziert. Für 2,50€ ein echtes Schnäppchen.