Strahlend stieg BSV-Abteilungsleiter Wolfgang Hungerland knapp eine Stunde vor Beginn der Kreismeisterschaftsendrunde aus seinem Auto und reckte den Krombacher-Wanderpokal in die Höhe. Nein, er posierte nicht etwa zur Probe für das spätere Siegerfoto, sondern präsentierte stolz das Ergebnis der eigenständigen Reinigungsbemühungen, mit denen er den Staubfänger auf Geheiß von Spielleiter Carsten Jahns wieder gesellschaftsfähig machte. Wir hatten allerdings nicht vor, den mühsam hergerichteten Pott nach Turnierende an einen anderen Verein abzugeben, so dass die Zielsetzung „Titelverteidigung“ genauso fett auf die Taktiktafel geschrieben wurde, wie der mindestens gleichsam dicke Bluterguss an Timo Hicherts Knöchel einen Einsatz unseres Vorzeigekämpfers unmöglich machte. Der doppelte Bänderriss bedeutet 6 Wochen Pause und damit das Verpassen der kompletten Vorbereitung.
Wunderbare Laufeinheiten durch Bovender Wälder, in denen durch Dunkelheit verborgene Baumwurzeln fiese Bänderverletzungen verheißen, bleiben Timo erspart – allerdings auch die Vorbereitungsspiele auf unserem neuen Kunstrasen, der ab Mitte Februar für regelmäßigen Trainingsbetrieb genutzt werden kann.
Da auch Coach Jelle Brinkwerth krankheitsbedingt nicht zur Verfügung stand, musste uns das Spielkonzept, bestehend aus Zeitspiel, taktischen Fouls und Befreiungsschlägen von Co-Trainer Drago Vukovic eingetrichtert werden. Zum Glück hörten wir wie immer nicht zu, so dass die Zuschauer entgegen der ursprünglichen Absichten einen recht feingeistigen Bovender Hallenfußball zu sehen bekamen. Daran hinderte uns auch die vorangegangene Suche nach einer klimatisch halbwegs akzeptablen Umkleidekabine nicht. Beim Öffnen der ersten Tür fühlte ich mich an der obligatorischen Klärwerksbesuch während meiner Schulzeit erinnert, in der zweiten Kabine hatte ein Bovender Spieler bereits „Druck abgebaut“, während in der dritten Kabine zuvor anscheinend eine Schweißfuß-Messe veranstaltet wurde. „Egal“, dachten wir uns, „hier fühlen wir uns heimisch“. Zum Glück hatte Albert Saciri sein gefürchtetes Deo-Spray parat, mit dem er zunächst sein kaputtes Knie bestäubte („Digga, das bringt Glück.“), anschließend mit weiteren Sprühattacken dafür sorgte, dass der Umkleideprozess deutlich schneller vonstatten ging.
Auf der Tribüne hatten sich nur wenige Zuschauer versammelt, knapp 95% der Gäste gehörten der Kategorie „Verwandte, Freundin oder Betreuerteam“ an. Dem SV Pöhlde schien dies schon vorher klar zu sein, verzichtete er doch auf die Anreise nach Göttingen und bescherte allen Teams jeweils drei Punkte am „Grünen Tisch“. Das erste Spiel des BSV bescherte uns mit GW Hagenberg einen Angstgegner, da wir vor jedem Gegner Angst haben. Entsprechend vorsichtig wurde der Spielaufbau über Keeper Dennis Koch betrieben, dem es jedoch nach 7-minütiger Langeweile zu bunt wurde und er mit einem satten Linksschuss (Zitat Albert S. vor dem letzten Spiel: „Häh, Dennis ist Linksfuß?“) die Führung besorgte. Vollbrecht legte mit seiner granatösen linken Klebe nach, was mindestens so übertrieben klingt, wie es auch tatsächlich war. Zwischendurch überstanden wir eine Unterzahlsituation, da Interimskeeper Mathis Gleitze bewies, dass er seine großen Füße nicht nur zum Foulen besitzt.
In der zweiten Begegnung gegen den SSV Neuhof taten wir uns erneut schwer, aber nach 5 Minuten brach der Bann. Benseler, Weiß, Dietrich und René „Hachnel“, wie René Hähnel gerne von etlichen Stadion- und Hallensprechern genannt wird, sorgten für einen beruhigenden Vorsprung, dem auch ein typisches Franky D.-Dribling kurz vor der Schlusssirene nichts mehr anhaben konnte: „Grandiose Ballannahme von Franky, Übersteiger gegen den ersten Gegenspieler, Rabona-Trick gegen den zweiten Gegner, den dritten Spieler lässt er ebenfalls aussteigen, wird es das Tor des Jahrhunderts?“ Nein, der Ballverlust resultierte in einem Gegentor. Egal, dies wurde auch nur protokolliert, um die phänomenale Leistungssteigerung unseres Lieblings-Ds. Zu verdeutlichen, der in den beiden restlichen Partien gegen Groß Ellershausen und Hainberg zum besten Feldspieler mutierte und sowohl sehenswerte Tore, als auch wertvolle Vorlagen lieferte.
Schließlich standen wir im 10. und gleichzeitig letzten Spiel des Tages vor der Aufgabe, mit einem Sieg gegen den SC Hainberg den Kreismeisterschaftstitel zu verteidigen. Teammanager Volker Trümper telefonierte in seiner unnachahmlichen Art noch bis kurz vor dem Anstoß mit allerlei Geschäftspartnern um die eigene Nervosität zu bekämpfen, während alle anderen Protagonisten die Situation deutlich lockerer sahen („Hoffentlich ist das gleich vorbei.“). Coach Drago verwies vor dem Spiel noch einmal auf die physische Belastung: „Einmal noch alles geben, dann könnt ihr zwei Wochen ausruhen.“ – „Aber ich muss morgen arbeiten!“ – „Ach, arbeiten...“ Auf dem Platz wurde dann mehr Fußball gespielt und weniger Fußball gearbeitet. Sehenswert herausgespielte Tore bedeuteten die Titelverteidigung und immerhin eine Kreismeisterschaft in dieser Saison.
Und auf dem Siegerfoto (siehe oben) konnte Wolfgang Hungerland dann endlich so breit jubeln, wie er es 4 Stunden zuvor bereits ausgiebig geprobt hatte.