DANKE WOLFGANG!

Eine Danksagung von Daniel Vollbrecht zum Abschied von Wolfgang Hungerland als Abteilungsleiter der Fußballabteilung des BSV

Wolfgang Hungerland Foto IIAls ich vor knapp 8 Jahren dem BSV zum ersten und einzigen Male untreu wurde und den Wechsel „über den Berg“ zum Lokalrivalen aus Lenglern bekannt gab, setzte es zunächst eine deftige Ansprache: „Das geht nicht! Du bist Jugendwart und Trainer in Bovenden, da kannst du nicht in Lenglern spielen“, befahl Abteilungsleiter Wolfgang Hungerland und drohte mit Verweigerung der Freigabe. Nachdem sich der erste Ärger langsam gelegt hatte, bat mich Wolfgang dann in sein heimisches Büro und händigte mir schließlich ganz selbstverständlich den Spielerpass aus - natürlich mit Freigabe und den besten Wünschen.

Diese kleine Geschichte beschreibt anschaulich, weshalb Wolfgang in der Göttinger Fußballszene für so manchen Beobachter als „nicht ganz einfach“ gilt - aber noch viel mehr, dass er ein absolut zuverlässiger, leidenschaftlicher und stets aufrichtiger Fußballfan- und -funktionär ist, der mit Herzblut für den Verein lebt und mit seiner unverwechselbaren Art „meinen“ Bovender SV in den vergangenen 40 Jahren entscheidend prägte.

Das Buch mit heiteren, emotionalen und spannenden Geschichten über „Wolles“ Zeit als Abteilungsleiter ist noch nicht geschrieben - es hätte aber einen Umfang, der die Speicherkapazität des für diese Internetpräsenz zuständigen Server ziemlich sicher überlasten würde. In das erste Kapitel „Kuriositäten“ findet ein Bezirksligaspiel Aufnahme, zu dem ich als damals 18-jähriger Nachwuchsangreifer mitfahren durfte. Anstrengende 90 Minuten auf der Ersatzbank setzten sich kurz vor der geplanten Abfahrt fort, als Hungerland vor seinem Auto ein kräftiges, menschliches Gebiss fand. Edelfan Walter Richter schlurfte sichtlich verzweifelt über den Parkplatz, doch auf Wolfgangs Zuruf „Walter, ist das dein Gebiss“ kam ein anstrengend gegrummeltes „Nein, meintsch isch dasch nisch...“ zurück, das jedem Bauchredner zur Ehre gereicht hätte. Die komplette Rückfahrt schaltete der sonst so gesprächige Richter („Was spielen die da wieder für eine Scheiße!“) auf „stumm“ und erst am späteren Abend reklamierte er telefonisch das herrenlose Gebiss für sich.

Das Kapitel „Hallenturnier“ ist ebenfalls eng mit Wolfgang verknüpft. Ohne ihn würde es die große Turnierwoche zwischen den Jahren längst nicht mehr geben. Große Freude löst jene Excel-Tabelle mit potenziellen Helfern aus, die stets Ende November als Rundmail verschickt und jede Ferienplanung auf einen Schlag zerstört. Hallenturnier in Bovenden, das heißt: Preisgekrönte Bockwurst, Spiel ohne Bande („Das brauchen wir hier nicht.“) und einen Gastgeber, der zuverlässig spätestens im Finale die Segel streicht und anderen Mannschaften den Vortritt lässt. In der Vorrunde zelebriert der BSV alljährlich zumeist große Fußballkunst und nährt damit die Hoffnung auf den lang ersehnten Titel stets aufs Neue. Vor zwei Jahren spielten wir tatsächlich den schönsten Fußball des Turniers, übertrieben die abendlichen Feierlichkeiten jedoch um ca. 5 bis 6 Stunden und die völlig übernächtigte Mannschaft ging am Finaltag sang und klanglos unter. Bewundernswert, wie Wolfgang mit diesen Tiefschlägen umging - er selbst investierte mehrere Wochen in die minutiöse Planung der Veranstaltung, nur um dann von einer unprofessionellen Mannschaft im Stich gelassen zu werden. Dem ersten Ärger („Was für eine Riesenscheiße!“) folgte spätestens nach Siegerehrung und Abbau die motivierende Forderung, man müsse „dann eben nächstes Jahr den Pokal gewinnen“. Wir hätten ihm gerne zum Ende seiner Amtszeit den Turniertitel geschenkt, werden das aber nachholen.

Prall gefüllt dürfte auch das Kapitel zu den „Rechtsfragen“ sein, denn auf dem Gebiet der Strafverordnungen, Meldefristen und Ausbildungsentschädigungsrichtlinien kann man Wolfgang nun wirklich nichts vormachen. Vor knapp zehn Jahren beorderte er Mannschaftskollege Carsten Lüdecke und mich in sein Auto, um mit uns eine finstere Autobahnraststätte in der Braunschweiger Einöde zu besuchen. Dort sollte eine Klage des FC Grone verhandelt werden, der dem Schiedsrichter vorwarf, bei der 2:5-Niederlage gegen den BSV einem unvorbelasteten Spieler die gelb-rote Karte gezeigt und damit einen Regelverstoß begangen zu haben. Zwar waren wir auch objektiv betrachtet im Recht, aber dem Faktor Zufall vertraute Wolfgang nur höchst selten, so dass er Carsten und mich als geeignete Zeugen benannte („Ihr könnt unfallfrei reden, deshalb müsst ihr mit.“). Die Verhandlung verlief zunächst wie erwartet, bevor als vorletzter Zeuge Mannschaftskollege Carsten den verqualmten Raum betrat und plötzlich vor lauter Nervosität keinen geraden Satz vollenden konnte. Zwischen dem Zigarettendunst ließ sich nur erahnen, wie Wolfgangs Gesichtszüge an Tiefenfaltigkeit zulegten - Carsten gab sein Bestes, den Prozess für uns zu verlieren. Rettung nahte in letzter Sekunde, denn der abschließende Zeuge des FC Grone machte seinen Job auch nicht viel besser, schoss mindestens zwei verbale Eigentore und veranlasste das Sportgericht auf diese Weise, das Urteil „im Zweifelsfall“ zugunsten des Schiedsrichters zu fällen. Die Worte des Sportrichters „die Zeugen trugen eher noch zu Verwirrung, als zur Aufklärung bei“ klangen mir während der wortkargen Rückfahrt noch im Ohr, ebenso der resignierte Kommentar Wolfgangs in unsere Richtung: „Zum Glück seid ihr beim BSV nur fürs Fußballspielen zuständig.“

Der reichhaltige Fundus an netten Anekdoten böte noch weiteren Stoff für heiteren Gesprächsstoff bei kühlen Getränken und den preisgekrönten Bovender Bratwürsten. Aber Wolfgang ist bei aller Freude an der Vereinshistorie immer auch als Mann aus dem Hier und Jetzt bekannt gewesen, der selten zurückblickte, sondern kontinuierlich an neuen Herausforderungen und Zielen arbeitete. Dieser Maxime wollen wir treu bleiben und als seine Nachfolger den Bovender Fußball mit neuen Ideen, punktuellen Veränderungen und Bewahrung der Traditionen weiter voran bringen. Ich freue mich auch weiterhin auf intensiven Meinungsaustausch mit Wolfgang, denn eins ist sicher: Als treuer Fan wird er der Fußballabteilung erhalten bleiben. Danke Wolfgang, für 40 Jahre leidenschaftlichen Einsatz.